Theaterliebling und Fernsehstar Götz Schubert
Nur an seiner Stimme kann man Götz Schubert in jeder Rolle und jeder Maske erkennen. Klangvoll ist sie, dunkler Celloton, reiner Wohllaut.
Der 49-jährige Schauspieler ist wandlungsfähig bis zur Selbstverleugnung. Er faszinierte als psychopathischer Jung-Hitler in Taboris „Mein Kampf“ genauso wie als rührend naiver Haudrauf Siegfried in Rinkes von Dieter Wedel inszenierten „Nibelungen“ bei den Festspielen in Worms. Furore bei Publikum und Kritik machte er mit seinen Ein-Mann-Abenden am Gorki-Theater und am Deutschen Theater in Berlin, zum Beispiel als umwerfend komischer Stasi-Hengst Klaus Uhltzscht in Brussigs „Helden wie wir“ oder als manischer Mime in „Kean“. Immer wieder beweist Schubert seinen Sonderstatus als Super-Schauspieler. Zuletzt 2011 bei den Dresdener Zwinger-Festspielen als August der Starke in „Die Mätresse des Königs“. Da zeigte er souverän, dass ein großer Schauspieler sogar in einer Szene, die er mit nacktem Hintern absolvieren muss, durchaus Haltung bewahren kann.
Immer wieder verausgabt er sich auf der Bühne bis zur Erschöpfung. Ein Besessener? „Ich setze mich bewusst extremen Belastungen aus, um zu fühlen, dass ich etwas geleistet habe“, sagt Schubert. Schlank, 1,85 Meter groß, was ihm noch vom Blondhaar blieb, radikal abrasiert, sieht er aus wie der geborene Heldendarsteller. Privat neigt er jedoch zum Understatement. Alles Genialische gibt er nach Schluss der Vorstellung mit dem Kostüm in der Garderobe ab. Er hat einen trockenen Humor. Sein Lachen steckt an. Selbstverständlich ist ihm sein Erfolg bis heute nicht geworden. Er gehört nicht zu den Egomanen, die alles platt machen, was ihnen auf dem Weg zur Spitze in die Quere kommt. Schubert gibt zu: „Ich bin ganz schlecht im Kämpfe austragen. Als astrologischer Wassermann bewege ich mich zwischen den Polen von Heiterkeit und Moll-Gestimmtheit. Ich bin ein sehr harmoniebedürftiger Mensch, versuche immer, auf andere gute Laune auszustrahlen. Druck mag ich nicht. Da ziehe ich mich sofort zurück.“
Die Familie ist das bevorzugte Refugium des Vaters zweier Kinder im Alter von 18 und 24 Jahren. Schubert, im sächsischen Pirna geboren und aufgewachsen, hat an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Potsdam-Babelsberg studiert. Ebenso seine Frau Simone Witte. Die beiden wurden schon während ihrer Studienzeit ein Paar. „Ich bin gerne Vater“, bekennt Götz Schubert. „Da bleibt man auf dem Boden.“ Wenn seine Zeit es erlaubt, betätigt sich Familienmensch Götz Schubert auch gerne als Handwerker in seinem Haus bei Potsdam, baut Terrassendächer, setzt Zäune, repariert Möbel. „In einem Haus gibt‘s ja immer mal was zu machen. Das kann ich. Es dauert ’ne Weile, aber ich arbeite gründlich, und was ich mache, das hält.“ Wie auf der Bühne.
Gerne beschäftigt er sich auch mit neuestem technischen Equipment. Die ganze Familie ist vernetzt. Schubert dreht digitale Familienfilme und schneidet sie auf dem Computer. Selbstverständlich hat er auch einen internetfähigen Fernseher. Sogar einen „elektronischen Blaswandler“, den er wahlweise als Saxophon oder Klarinette einsetzen kann. Ein Saxophon zu spielen hat er vor über 20 Jahren für seine Rolle in „Ghetto“, einem seiner ersten Theatertriumphe, erlernt. Zusätzlich besitzt er ein Keyboard und ein Klavier. Darauf spielt er gerne Bach-Solfeggien und Klassik, aber auch Jazz und Selbstkomponiertes. Als Zeichner, Maler oder Bühnenbildner hätte er seine Familie ebenfalls ernähren können. Er ist ein Multitalent.An TV-Angeboten mangelt es Schubert nicht. Zur Zeit laufen im ZDF acht neue Folgen der „Flemming“-Serie, in der er den Polizeifotografen Robert Anda spielt. Gerade sah man ihn in der Großproduktion „Der Turm“ in der nuancenreichen Rolle des Lektors Meno Rohde an der Seite seines früheren Studienkollegen Jan Josef Liefers. Dessen Vertrautheit mit dem roten Teppich und Dauerpräsenz im Blitzlichtgewitter geht Schubert völlig ab. Die anhaltende Event-Flut kommentiert er mit den Worten: „Mein Ehrgeiz, in der Presse als ‚Promi‘ erwähnt zu werden, hält sich in Grenzen. Ich weiß, dass das heute für das Geschäft wichtig ist, aber das Klappern, das angeblich zum Handwerk gehört, liegt mir nicht. Vielleicht sollte ich das noch üben.“ Eher nicht. Das ginge gegen seine Natur. Er ist zwar ein Verwandlungskünstler, jedoch kein Versteller.
Gudrun Gloth