Netzwerke sind keine moderne Zeiterscheinung. In einem Dorf am nördlichen Rand des Spreewalds, ist dank guter Verbindungen Anfang des 19. Jahrhunderts ein Glanzstück der Architekturgeschichte entstanden.
Straupitz ist wie der ganze Spreewald altes Sorbenland. Der Name des Ortes leitet sich vom sorbischen Tsupc ab und heißt so viel wie „Ort der Aussätzigen.“ Die erste Straupitzer Herrscherfamilie war aufgrund politischer Zerwürfnisse vom Papst im 13. Jahrhundert exkommuniziert worden. Bei den Straupitzer Burgherren scheint es sich damals um waschechte Raubritter gehandelt zu haben. Wenn man diese Vorgeschichte kennt, dann begreift man womöglich besser, warum gerade hier ein so außergewöhnliches Bauwerk errichtet werden sollte. Imposant erhebt sich die Straupitzer Kirche, errichtet im Stil einer altrömischen Basilika nach Plänen Friedrich Schinkels. Mit ihren beiden hoch aufragenden weißen Türmen bestimmt sie seit 1832 in der Dorfmitte das Bild von Straupitz. Knapp 1000 Einwohner zählt Straupitz heute. Warum also baute Friedrich Schinkel gerade hier und warum so? Persönliche Beziehungen waren wie so oft der Schlüssel. Der Baumeister war befreundet mit dem Dichter Ernst von Houwald, dessen Bruder Gutsherr in Straupitz war und den Kirchenbau mit vorantrieb. Zur Kirchengemeinde gehörten seinerzeit acht Dörfer. Etwa 1300 Gläubige mussten also gleichzeitig Platz finden. Zudem waren zwei Eingänge geplant, einer für die deutsche und einer für die sorbische Bevölkerung. Stolze 24000 Taler veranschlagte Schinkel für den Bau. Deutlich zu viel, wie die Staatsoberen befanden, denn nach einer Order durften Dorfkirchen nicht mehr als 8000 Taler kosten. Aus heutiger Sicht architektonisch fast ein Glücksfall, denn so wirkt die schlichte Kirche gerade im Innenraum beinahe modern. Ersten Plänen zufolge hatte der Meister deutlich mehr Schmuck vorgesehen. Dabei steht auf einem anderen Blatt, dass das Gotteshaus am Ende doch 30000 Taler gekostet hat. Aber auch das kommt einem doch irgendwie bekannt vor.
Tritt man nahe der Kirche durch die von zwei Obelisken gerahmte Tordurchfahrt, beginnt der Schlossbereich. Auf dem Weg zwischen Kirche und Schloss fällt ein großer historischer Fachwerkbau ins Auge. Ursprünglich gehörte der 1798 erbaute Kornspeicher zum Schlossareal. Bis 1992 wurde das Gebäude sogar noch seiner ursprünglichen Bestimmung nach als Kornspeicher genutzt. In den Jahren 2004/2005 wurde es komplett saniert und wird von einem Verein als Heimatstube und Café betrieben. Im Obergeschoss ist eine Töpferei eingezogen.
Das Schloss selbst beherbergt heute die Schule des Ortes. Es wurde in den Jahren von 1795 bis 1798 unter Carl Gottlob Willibald von Houwald im Stil des Spätbarock errichtet. Der Klassizismus warf schon seine Schatten voraus. Das relativ schlicht gehaltene Gebäude mit seinen Mansarden, dem Mittelrisalit und dem Walmdach ist heute rosafarben verputzt. Wenn man die Kirche gesehen hat, wirkt das Gebäude wenig spektakulär. Direkt hinter dem Schloss beginnt ein 12 Hektar großer waldähnlicher Landschaftspark. Die spreewaldtypischen Fließe, kleine Seen und weite Wiesen machen den Charme des Geländes aus. In der warmen Jahreszeit kann man sich hier im Kahn herumschippern lassen. Nur eine Verbindung zum eigentlichen großen Spreewald gibt es nicht mehr, seit Straupitz durch den Nordumfluter vom übrigen Wassernetz abgeschnitten wurde. Der Hochwasserschutz hatte Priorität.
Neben der Schinkelkirche ist die Holländerwindmühle das zweite überregional bedeutsame Wahrzeichen von Straupitz. Von Beginn der 1990er Jahre an wurde die Straupitzer Windmühle denkmalgerecht saniert. Die historische Turmhaube und die Flügel hat eine holländische Firma schließlich vor zehn Jahren montiert. Als letzte produzierende Windmühle in Europa vereinigt sie drei Gewerke unter einem Dach. Die Straupitzer Mühle ist Mahlmühle, Ölmühle und Sägemühle in einem. Die Müller lassen sich in Straupitz gern über die Schulter schauen. Die Spezialität der Mühle ist das frisch gepresste Leinöl, das sich vor Ort käuflich erwerben lässt. Das Mühlencafé bleibt diesen Winter über geschlossen.
Karen Schröder