Schwingen für morgen

Nach nur einem Jahr der Zusammenarbeit mit der Gregor Tilch Akademie trägt die Nachwuchsarbeit des Golfclubs Stolper Heide Früchte.

Die Golfsaison ist vorbei. „Die beste Zeit fürs Training“, sagt Gregor Tilch. „Gerade jetzt sollte man an seiner Technik feilen und Schwünge üben. Ohne den Stress der Turniere oder die Vorbereitung darauf kann man ganz gezielt an seinem Golfspiel arbeiten.“ Die­se Philosophie hat der 33-jährige Berliner nicht nur während seiner aktiven Zeit auf der Profi-Tour beherzigt. Solche Weitsicht versucht er auch den zahlreichen Schülern zu vermitteln, die im Golf nach ständiger Verbesserung streben. Davon gibt es eine ganze Menge, vor allem junge Leute. Gerade beim Golfclub Stolper Heide an der nördlichen Stadtgrenze Berlins. Hier ist seit einem Jahr die Gregor Tilch Golfakademie beheimatet, deren Arbeit schon rein zahlenmäßig an den jüngsten Erfolgen des Club-Nachwuchses ablesbar ist. In der Altersklasse 14 hat die Mannschaft schon bei der ersten Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft die Bronzemedaille gewonnen – vor den renommierten Clubs mit den großen Namen westlich der Elbe. Und mit dem 17-jährigen Marcel Ohorn stellt Stolper Heide erstmals seit fast 40 Jahren wieder einen Nationalspieler, der aus Berlin kommt und der mit dem Team EM-Bronze in Schweden gewinnen konnte. Mit solchen Argumenten fällt es Gregor Tilch leicht, das Augenmerk des Club-Vorstandes auf die Jugendarbeit zu lenken. Schließlich erkundigen sich mehr und mehr Mitglieder nach den Erfolgen und deren Ursache. Es komme nicht darauf an, das Budget für den Nachwuchs ständig zu erhöhen. Wichtig ist die gezielte und vor allem planmäßige Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen, die sich zum Sport hingezogen fühlen. Dabei verfolgt der „Pro“, wie die als Golflehrer in den Clubs arbeitenden Profis genannt werden, zwei Prämissen. „Man muss mit den Kindern so professionell arbeiten, als wären es Profis. Und, das ist ganz wichtig, man muss mit jedem Jugendlichen ganz individuell arbeiten.“ Zwar sei Golf manchmal auch eine Mannschaftssportart. Doch wichtig sei immer das Abschneiden des Einzelnen, und jeder habe schließlich eine völlig eigene Art, an den Sport heranzugehen. Aus diesem Grund bekommt jedes Mädchen, jeder Junge einen eigens ausgearbeiteten Plan für die fünf Tage Training in der Woche, bei dessen Ausführung nicht jede Minute einer der Pros danebenstehen muss. Der auch einige Zeit in den USA aktive Profi trat vor einem Jahr an den Club Stolper Heide heran, ob man gemeinsam eine zielstrebige und auf Leistungssport orientierte Jugendarbeit aufbauen wolle. Nachdem die Eckpfeiler abgestimmt waren, lief das Training so gut an, dass mittlerweile zahlreiche Schützlinge von Gregor Tilch aus ganz Berlin zum Training nach Stolper Heide kommen.

„Das sind alles Mädchen und Jungen, die wollen unbedingt Golf spielen.“

„Golf muss man mit Herzblut spielen, sonst bleibt man auf der Stelle stehen und wird niemals vorwärtskommen“, weiß Tilch. Deswegen sieht er auch keinen Sinn darin, die Mädchen und Jungen anzutreiben oder zu überzeugen, dass sie den Trainingsaufwand erhöhen müssen. „Ich freue mich immer, wenn ich einige auch bei sehr schlechtem Wetter stundenlang auf der Range stehen sehe und einen Abschlag nach dem anderen üben. Danach ziehen sie sich noch an den Monitor zurück und suchen, was zu verbessern wäre.“

Desweiteren setzt Tilch auf moderne Technik, die dem Golfer vor 20 Jahren noch nicht zur Verfügung stand. Für den richtigen Stand beim Abschlagen und Putten, für den Schwung und den Winkel in der Armstellung – eigentlich für alles im Training gibt es mittlerweile ausgeklügelte Methoden zur gezielten Weiterentwicklung. Mit Schwüngen und Putten oder der Fehleranalyse am Computer endet keineswegs die Betreuung der zahlreichen Eleven oder Fortgeschrittenen in der Gregor Tilch Akademie. Großen Stellenwert nimmt die Betreuung außerhalb des Platzes ein, um das Umfeld vorteilhaft für die sportliche Entwicklung zu gestalten. Es gibt medizinische Betreuung und Versorgung, Unterstützung bei der Suche nach einem Fitnesstrainer und der logistischen Herausforderung, die Schüler von Bahnhöfen zum Platz zu bringen. Dafür wurde mit Hilfe von Sponsoren ein Kleinbus angeschafft, der die Kinder zu fortgeschrittener Stunde auch schon mal bis vor die Haustür fährt.

Auf dem Gebiet der Sponsorensuche geht der Golfclub Stolper Heide auch schon mal unkomplizierte Wege. So kam es schon vor, dass ein Club-Mitglied einem Schüler Schläger zur Verfügung gestellt hat, weil es von dessen Leistung auf der Driving Range überzeugt war, die Familie des Kindes aber finanziell nicht die Mittel für das kostspielige Equipment hat. Die Akademie stellt einheitliche Turnierkleidung zur Verfügung. „Wir fördern die Jugendlichen umfangreich, aber ich fordere auch viel von ihnen“, erklärt Tilch. Jedoch ohne sonderlichen Druck auf die Schüler auszuüben. „Das sind alles Mädchen und Jungen, die wollen unbedingt Golf spielen.“ Zehn von ihnen, darunter zwei Mädchen, wollen es später auf die Profi-Tour schaffen, weitere zehn leistungsorientiert als Amateure spielen. In der nächsten Saison stellt der Golfclub Stolper Heide neun Landeskaderspieler.

Zur besseren Entwicklung sind einige der Schüler, für deren Sportart es in den Sportschulen Berlins noch keine eigene Klasse gibt, mit ihren Eltern umgezogen – direkt in die neue Siedlung unmittelbar am Golfplatz Stolper Heide. Das bietet den Eltern meistens längere Anfahrtswege zur Arbeit, den Kindern zur Schule. Dafür garantiert es aber ideale Bedingungen zum Training und die eine oder andere Stunde mehr auf dem Platz. „Das zeigt mir, dass sowohl die Kinder als auch die Eltern Vertrauen haben in die sportliche Zukunft der Golfsports“, sagt Tilch.

Hans-Christian Moritz

 

53 - Winter 2012/13
Sport