Kultur am Ku'damm

Geschätzt wurde der Kurfürstendamm schon immer für seine glamouröse Mischung aus Flaniermeile, Einkaufsstraße, repräsentativer Wohnadresse, Gastronomie, Kultur und Unterhaltung. Vor gut 125 Jahren nach dem Vorbild der Pariser Champs-Élysées angelegt, gehört er zu den berühmtesten und geschichtsträchtigsten Boulevards der Welt. Nach wechselvollen Jahren ist die Renaissance des Kurfürstendamms in aller Munde. Eine neue Attraktivität verdankt die Straße neben vielen baulichen Umgestaltungen und einer stärkeren Präsenz der Wirtschaft auch der Weitläufigkeit und kosmopolitischen Atmosphäre, die durch ein breites Kulturangebot mit Theater, Kinos, Cafés und Galerien entstehen.

Bühnen

Zu den bekanntesten Häusern gehören das Theater und die Komödie am Kurfürstendamm. Die Spielpläne der 1924 von Max Reinhardt gegründeten Boulevardtheater bieten Komödien, Boulevardstücke, Shows, Konzerte, Musicals, Lesungen: Klassisches und Modernes, Ernsthaftes und Urkomisches – immer mit Starbesetzung und am Puls der Zeit. In der aktuellen Saison sind unter anderem Publikumslieblinge wie Katharina Thalbach, Anita Kupsch, Herbert Herrmann, Winfried Glatzeder, Ursela Monn und Maria Furtwängler zu sehen. Zwar ist die Zukunft beider Institutionen ungewiss, da die Umgestaltung des geplanten neuen Ku’damm-Karrees, das die Theater beherbergt, die Schließung eines der Häuser vorsieht. Doch sind zu diesem Thema die letzten Worte noch nicht gesprochen.


Ein weiterer Besucher-Magnet in der Theaterlandschaft der Hauptstadt ist die Schaubühne am Lehniner Platz. 1981 bezog das Ensemble der bisherigen Schaubühne am Kreuzberger Halleschen Ufer das zum Theater umgebaute, 1928 von Erich Mendelsohn errichtete ehemalige Kino und feierte in den letzten drei Jahrzehnten viele große Erfolge. Regisseure wie Luc Bondy, Andrea Breth, Thomas Ostermeier, Peter Stein und Robert Wilson inszenierten Stücke mit der absoluten Crème de la Crème der deutschsprachigen Schauspieler: Bruno Ganz, Edith Clever, Jutta Lampe, Susanne Lothar, Ulrich Mühe, Udo Samel, Otto Sander, Angela Winkler und aktuell Lars Eidinger beeindruckten mit ihrer Schauspielkunst.


Ein weiterer grandioser Farbtupfer in der wechselvollen Geschichte Berlins ist das Theater des Westens, eine der bekanntesten Musical- und Operettenbühnen der Stadt. Hier wurde schon alles gespielt, von „Cabaret“, über „Show Boat“, „West Side Story“, „Die Dreigroschenoper“, „Schwanensee“, „Eins, Zwei, Drei“, „My Fair Lady“, „Les Misérables“ und „Tanz der Vampire“. Das Renaissance-Theater ist als einziges vollständig erhaltenes Art-déco-Theater in Europa schon optisch ein absoluter Glanzpunkt. Auch in dieser 1922 eröffneten Berliner Theater-Institution geben sich seit vielen Jahren berühmte Schauspieler die Klinke in die Hand.

Film

Die Glanzzeit der Berliner Filmpaläste liegt rund hundert Jahre zurück. Der „Gloria-Palast“, das „Marmorhaus“, die „Filmbühne Wien“ oder das „Universum-Kino“ waren prunkvolle, beeindruckende Bauten auf hohem architektonischen Niveau mit geschmackvollen, majestätischen Foyers, gepflegten Zuschauerräumen und stilvollen gastronomischen Angeboten. Alle großen Filme kamen in diesen noblen Lichtspielhäusern zur Aufführung, oft im Beisein berühmter Filmstars. Zwar dominieren moderne Multiplex-Kinos heute die Film-Landschaft, doch es gibt noch Ausnahmen. Sowohl die luxuriöse Astor-Film-Lounge, hinsichtlich Technik, Komfort und Service auf bestem Niveau, wie auch das auf französische Originalfassungen spezialisierte Filmtheater im Maison de France, legen Wert auf Stil und eine gewisse Eleganz.

Kunst

Ob in Museen, Galerien oder an anderen, gelegentlich ungewöhnlichen Orten – Bildende Kunst wird in Berlin an unzähligen Orten präsentiert. Alteingesessene Institutionen wie die Villa Grisebach stehen für Kontinuität und Tradition. Die Villa ist gemeinsam mit dem Käthe-Kollwitz-Museum und dem Literaturhaus Berlin Bestandteil des sogenannten Wintergarten-Ensembles und beherbergt heute das seit vielen Jahren umsatzstärkste Auktionshaus für Kunst der Klassischen Moderne in Deutschland. Neben der Malerei, der Bildhauerei, der Baukunst und anderen Bildenden Künsten erfreut sich die Künstlerische Fotografie in jüngster Zeit zunehmender Beliebtheit. Ein attraktiver Anlaufpunkt ist in diesem Zusammenhang das Museum für Fotografie mit der Sammlung der Helmut-Newton-Stiftung. Doch auch für jeden Geldbeutel erschwingliche zeitgenössische Fotokunst ist in Berlin zu haben – so beispielsweise in der Galerie Lumas in der Fasanenstraße. Berlin-Historisches findet man in der Erlebnisausstellung „The Story of Berlin“ im Ku’damm-Karree, die einen Streifzug durch 800 Jahre Stadtgeschichte zeigt.

Kaffeehäuser

Die in den sogenannten „Goldenen Zwanzigern“ hoch geschätzte und gepflegte Berliner Kaffeehauskultur war ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation unter den Künstlern der Zeit. So galt das „Romanische Café“ gegenüber der Gedächtniskirche als Künstler-Wohnstube. Kaffeehäuser sind nach Auffassung mancher Zeitgenossen – wie der Dramatiker Rolf Hochhuth – für das zivilisatorische Niveau bedeutender Metropolen ebenso unerlässlich wie Theater und Opernhäuser. Am Ku’damm und in Ku’damm-Nähe erleben Kaffeehäuser aktuell eine neue Blütezeit. Das Restaurant-Café „Reinhard’s im Kempinski“ ist ein beliebter Treffpunkt von Tortenliebhabern und Müßiggängern. Das kürzlich eröffnete Café „Grosz“ im „Haus Cumberland“ beeindruckt neben diversen Köstlichkeiten mit Marmorfußboden, Kamin und cremefarbenen Jugendstilsäulen. Nach dem Vorbild des berühmten Cafés gleichen Namens am Kurfürstendamm der 20er Jahre pflegt auch das neue „Romanische Café“ im Luxus-Hotel „Waldorf Astoria“ im „Zoofenster“-Hochhaus am Breitscheidplatz die gehobene Kultur des erlesenen Nachmittagsgetränks.

Edith Döhring
 

54 - Frühjahr 2013
Stadt