Seit November 2019 ist „Tesla in Brandenburg“ ein Dauerthema. Damals hatte Firmengründer Elon Musk verkündet, das Model Y in Deutschland bauen zu wollen. Dafür sollte seine Gigafactory in Grünheide bei Berlin entstehen und bereits Ende 2021 ihren Betrieb aufnehmen. Für die Brandenburgische Landesregierung schien das ein Glücksfall gewesen zu sein. Sie hatte schließlich alles darangesetzt, günstige Voraussetzungen für eine Ansiedelung des berühmten US-Elektroautobauers aus Kalifornien zu schaffen.
Niedrige Gewerbesteuern, eine gute Infrastruktur, die Nähe zum Hauptstadtflughafen, unkomplizierte Verhandlungen bei den Genehmigungsverfahren und gute Investitionsförderbedingungen sollten den Boden dafür bereiten. Immerhin lag die Marktkapitalisierung von Tesla zu Beginn des Jahres über der von Volkswagen. Ein solch erfolgreiches Unternehmen nach Brandenburg zu holen, versprach nicht nur tausende neue Arbeitsplätze, das Land könnte mit einem Schlag zur Vorzeigeregion in Sachen klimafreundliche Mobilität werden.
Dabei wäre so viel Entgegenkommen seitens der Landesregierung gar nicht nötig gewesen, denn Tesla-Gründer Elon Musk hatte längst sein strategisches Ziel unmissverständlich formuliert: „Wir müssen in Deutschland Erfolg haben, es ist ein Schlüsselmarkt für uns.“ So ist auch zu verstehen, dass sich der sonst so kompromisslos agierende Musk vom zu erwartenden Gegenwind, mit dem jeder Investor bei einer Industrieansiedlung in Deutschland normalerweise rechnen muss, nicht abschrecken ließ.
Mit der Offenlegung der Pläne für die Gigafactory, in der bereits im nächsten Jahr mehrere hunderttausende Fahrzeuge produziert werden sollen, ließen die Proteste von Anwohnern und Umweltaktivisten sowie Einwendungen und Forderungen von Umweltschützern nicht auf sich warten. Sie befürchteten Eingriffe in die sensible Natur, die Seenkette rund um Grünheide sowie unvermeidliche Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet Löcknitztal, zwischen Grünheide und Kienbaum gelegen. Neben den eingeschworenen Gegnern, die sich für den Erhalt der Landschaft und der Schutzgebiete einsetzen und große Industrieansiedlungen grundsätzlich ablehnen, formierten sich aber genauso auch die Befürworter, Politiker und Bürger. Sie feiern die Tesla-Ansiedelung als Glücksfall für die strukturschwache Region und verbinden damit tausende neue Arbeitsplätze in einer zukunftsträchtigen Branche.
Als größte Hürde galten die Umweltschutzauflagen. Andernfalls sei das Projekt nicht genehmigungsfähig, so verlautete es aus dem Landtag. Es ging unter anderem um die Gefahr für die öffentliche Trinkwasserversorgung, um die Umsiedelung der Tiere, die auf dem Gelände der künftigen Gigafactory ihren Lebensraum haben, sowie um unvermeidliche Waldrodungen. Dennoch ließ Tesla 90 Hektar Kiefernforst auf eigenes Risiko roden, den Mutterboden abbaggern und das Areal planieren. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Berlin-Brandenburg war ein vorzeitiger Beginn des Projektes möglich. Es handelte sich dabei um vorbereitende Maßnahmen, die auch ohne Vorlage des offiziellen Bauantrags für die Fabrik durchgeführt werden konnten.
Inzwischen gingen die Proteste der Anwohner und Umweltverbände weiter, obwohl Tesla-Chef Musk stetig beteuerte, die Fabrik unter dem Gesichtspunkt von Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit bauen zu lassen. Er verwies aber auch auf die Option, bis Ende 2021 vom Kaufvertrag zurücktreten zu können, sofern sich schwerwiegende Gründe gegen die Investition ergeben sollten. Derzeit ruhen die Bauarbeiten.
Reinhard Wahren