Wandel durch Epochen

Vor 100 Jahren wurde das Märkische Museum eröffnet und ist seitdem Spiegel und Abbild der Stadt Berlin. Anlässlich des Jubiläums versucht die Ausstellung „Gefühlte Geschichte“ dem heutigen Besucher einen Eindruck vom ursprünglichen „Stimmungs- und Erlebnismuseum“ zu vermitteln.

Dass das Märkische Museum am Köllnischen Park einst als Gesamtkunstwerk und „romantischer Künstlertraum“ gefeiert wurde, erscheint heute wenig nachvollziehbar. Im Gegensatz zu den Museen auf der Museumsinsel wirkt es eher wie ein mittelalterlicher Trutzbau. Und doch war es trotz seines historischen Erscheinungsbildes zu seiner Zeit ein hochmodernes Museum, einzigartig in der europäischen Museumslandschaft. Es war Ausdruck eines selbstbewussten Bürgertums nach der Reichsgründung 1871, das sich der Kulturlandschaft von Berlin und Brandenburg verpflichtet fühlte und Geschichtszeugnisse und Kulturschätze für ein großstädtisches Publikum bewahren wollte. So präsentierte es sich bei seiner Eröffnung 1908 als eine Art Bildungsinstitut, das die Berliner und Brandenburger eindrucksvoll und unterhaltsam durch die Geschichte ihrer Region führt. Kein Ort für Museumswissenschaftler, kein Ort für Hochkultur. Doch mit seinen vielfältigen Exponaten und der Einbeziehung vieler Ausstellungsstücke der Alltagskultur und einer naturkundlichen Sammlung wurde das „Märkische“ sehr schnell zum populärsten Berliner Museum. Trotz einiger Widerstände im Vorfeld: Selbst das Verdikt des großen Wilhelm von Bode, der die seit 1874 zusammengetragenen Sammlungen als „überflüssig“ abtat, konnte den Bau nicht verhindern.

Entscheidend für die Attraktivität des Märkischen Museums war zweifellos dessen konzeptionelle Gesamtgestaltung. Als Synthese von Architektur, Innenraumgestaltung und Kultur hatte Ludwig Hoffmann, damaliger Berliner Stadtbaurat, einen beeindruckenden Gebäudekomplex geschaffen: äußerlich wie ein gewachsener Bau über die Jahrhunderte, im Inneren ausgestattet mit spektakulären Stimmungs- und Erlebnisräumen im Einklang mit den Exponaten und Ausstellungsstücken – ein Museum für das großstädtische Publikum als raffiniert inszeniertes Gesamtkunstwerk. Der Rundgang war für die Besucher von 1908 wie ein Spaziergang durch vergangene Epochen, amüsant und informativ zugleich.

Genau diesen Eindruck will die Ausstellung „Gefühlte Geschichte“ für den heutigen Besucher nachvollziehbar machen. So führt ein virtueller Rundgang mit historischen Innenaufnahmen und Exponaten aus der Ersteinrichtung durch das Museumsensemble vor einhundert Jahren.

Reinhard Wahren

 

 

Ausstellung

Gefühlte Geschichte.
100 Jahre Märkisches Museum

11.4.2008 bis 1.2.2009

Märkisches Museum
Am Köllnischen Park 5, 10179 Berlin

 

35 - Sommer 2008