Wenn Frauen kaffeeklatschen und dabei die Köpfe zusammenstecken, dann tüfteln sie garantiert was aus. Männer lassen sich jetzt besser nicht blicken.
Um es gleich klar zu sagen: Männer waren nicht dabei. Und mir ist nicht zu Ohren gekommen, dass eine der Anwesenden überhaupt Zeit hatte, an den Ihrigen zudenken. Wir waren neunzehn. Irgendwann hatte ich die Übersicht verloren, wie viele meiner liebsten Freundinnen ich eingeladen hatte zum allerersten Kaffeeklatsch meines Erwachsenenlebens in meinem Charlottenburger Zuhause. Jedenfalls hatten alle begeistert zugesagt. Und darum klingelte es ununterbrochen, und es wurde eng um den gedeckten Tisch und sehr gemütlich.
Auf der Tafel selbst, zwischen himmelblauem Geschirr und Marmelblümchen, wurde es auch immer enger, denn jede Zweite hatte stolz einen selbst gebackenen Kuchen mitgebracht. Die mussten natürlich alle probiert werden. Es dauerte nur Minuten, dann waren alle Frauen quer über den Tisch in Gesprächen verbandelt. Die meisten kannten sich nicht und tauschten darum ihre Visitenkarten aus oder diktierten ihre Telefonnummern sofort in die Handys der anderen. So viel war klar: Das Wort Netzwerk ist bestimmt kein Einfall der Männer, sondern irgendwann beim Kaffeeklatsch erfunden worden.
Torten wurden hin und her gereicht: Zitronentarte gegen Bisquitrolle. Hmmm. „Das musst Du probieren.“ Ich wurde aufgefordert, alle vorzustellen und welche Beziehung ich zu jeder einzelnen der Eingeladenen habe. Eine achtzehnfache Herausforderung. Dem ersten Kaffeeklatsch folgten viele. Die Treffen wurden eingefordert. Ich wurde mit den saftigsten Torten geködert. Dabei hing ich selbst längst am Haken der schönen altmodischen Idee.
Während dieser wunderbaren Sonntagnachmittage wechselten einige der Darstellerinnen. Das brachte Pfeffer in die Runde. Auch waren nicht alle aus ein und derselben Generation. Ganz prima. Projekte wurden aus dem Nichts gestartet, gemeinsame Urlaubspläne aus lauter Spontansympathie geschmiedet und wunderbare Geschäftsbeziehungen aus der Taufe gehoben. Und am Ende wurden die übrig gebliebenen Kuchenstücke verteilt. Für die Daheimgebliebenen. Ach ja, da waren sie wieder.
Die Stunde der Frauen, so nennt Katja Mutschelknaus den Kaffeeklatsch. Schöner kann man es nicht beschreiben. Ihr wunderbares Buch über die Geschichte der heiteren Runden ist auch eine Geschichte der Frauen in unserer Gesellschaft. Es ist eine Hommage an lustbetonte und energiegeladene Zirkel, bei denen Frauen hin und wieder auch mal stricken, meist aber sehr spitzfindig und klug allerhand Strippen ziehen, die sie im Leben weiterbringen. Stunde der Solidarität, würde ich diese Kaffeerunde nennen. Darin sind Frauen einfach Meisterinnen.
Katja Mutschelknaus’ Buch erzählt, wie aus dem bürgerlichen Repräsentationsbedürfnis und dem höfischen Zeremoniell so etwas Unterhaltsames wie der Kaffeeklatsch hervorgehen kann. Die Autorin kennt sich aus in der Kulturgeschichte des Essens, das merkt man. Das Buch der Gourmetjournalistin ist ein Lesegenuss und ein optischer dazu. Es ist illustriert mit zauberhaften Gemälden und Fotografien entspannter und genusssüchtiger Frauen beim Tee und Kaffee.
Inge Ahrens
Buchtipp Katja Mutschelknaus: Kaffeeklatsch. Die Stunde der Frauen. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2008, 138 S., 19,95 Euro, ISBN 978-3-938045-28-2 |