„Jetzt machen wir Party!“ – so beginnt Danelly, eine der besten Zumba-Trainerinnen Berlins, gern ihre Stunden. Wer zum ersten Mal mitmacht, ist irritiert. Bin ich etwa im falschen Kurs? Ich habe doch Workout gebucht. Zeit zum Nachdenken bleibt keine, denn schon wird man mitgerissen, hinein in den Zumba-Sog.
„Beweg‘ dich schnell und habe Spaß!“ – so lautet die Übersetzung für den spanischen umgangssprachlichen Ausdruck für das Wort Zumba, und wie Bubbletea-Bars erfasst der Trend derzeit Berlin. Bauch-Beine-Po klingt da vergleichsweise nach tiefstem Mittelalter: Zu lateinamerikanischer Musik wird bei Zumba bis beinahe zur fröhlichen Erschöpfung getanzt. Kleine Pausen gibt es nur, um Wasser zu trinken. Jeder kann mitmachen, man braucht kein Talent, kein spezielles Outfit (T-Shirt und bequeme Sporthose reichen aus, stabile Schuhe sind von Vorteil), und wer lateinamerikanische Musik mag, wird Muskeln, Herz und Kreislauf beinahe mühelos trainieren. Und hinterher verwundert feststellen, wie völlig durchgeschwitzt er ist. Bei gleichzeitiger euphorisierender Erschöpfung.
„Es ist ja eine Party“, sagt Danelly. Es gibt zwar keine Drinks, aber viel Musik. Wer anfangs die Schritte und Armbewegungen nicht beherrscht, bekommt den Ratschlag 2: „Einfach weitertanzen, wie es Dir gefällt!“ Danelly kommt aus Kolumbien und hat immer gute Laune. Nicht die aufgesetzte gute Trainerlaune, die mitreißend daherkommt und doch immer ein wenig aufgesetzt wirkt. Sie gehört zu jenen Sport-Trainern, die wahrhaft leidenschaftlich sind. Und die in der Lage ist, einen Saal voller Menschen in ihren Bann zu ziehen. Zumba kennt erfreulicherweise keine Altersgrenzen, es ist weder ein Teenie-Trend noch etwas fürs Seniorenheim: Jeder, der gerne tanzt, wird selig werden. Die Party findet auch im Pool statt, dann heißt der gelenkschonende Kurs, den man belegen muss, „Aqua-Zumba“.
Grundsätzlich hat man ja nicht den Eindruck, dass die Welt noch neue Sportarten bräuchte. Aber Zumba hat irgendwie noch gefehlt. Und wie jede gute neue Idee hat sie auch eine schöne Entstehungslegende, von der niemand weiß, ob sie stimmt oder nicht, aber jedenfalls klingt sie sehr schön: Mitte der 90er Jahre fuhr der kolumbianische Fitnesstrainer Alberto Perez zu einer Unterrichtsstunde, unterwegs stellte er fest, dass er seine Musik vergessen hatte. Da er auch als Choreograph für Popstars arbeitet, mixte er schnell aus der Musik, die er im Auto dabei hatte, Rhythmen für das Sporttraining. Cumbia (ein kolumbianischer Paartanz), Salsa, Samba, Merengue und Hip-Hop, dazu flotte Tanzschritte, die Menschen waren begeistert, eine neue Sportart war geboren. Von Kolumbien aus ging die internationale Erfolgskurve via USA in den Rest der Welt, mehr als zwölf Millionen Menschen tanzen weltweit regelmäßig Zumba. Gern auch zu Hause, es gibt das Workout für Xbox, Nintendo Wii und PlayStation 3.
Michelle Obama, die Schauspielerin J. Lo, Madonna und die kolumbianische Sängerin Shakira – ihr Hit „Loca“ gehört zu den beliebtesten Zumba-Songs – sind bekennende Zumba-Fans. Neulinge staunen über den angeblichen Kalorienverbrauch bei einer Stunde Zumba: mehr als 1000 Kalorien, so raunt man sich in den Umkleideräumen zu. Völlig verschwitzt ist man natürlich gern bereit, das zu glauben, aber Experten schätzen, dass es eher 400-500 Kalorien pro Stunde sind, immerhin. Die Wirkung der Glückshormone inbegriffen. Fest steht, dass beim Tanzen fast alle Muskelgruppen beansprucht werden, Herz und Kreislauf trainiert werden. Statt angestrengter, verbissener Gesichter gibt es bei Zumba fröhliches Lächeln. Mehr kann man von einer neuen Sportart wirklich nicht verlangen.
Silvia Meixner